Generalat der Krankenschwestern vom Regulierten Dritten Orden des hl. Franziskus

Schwester M. Walfriede


Meine Geschichte.

Bevor ich zu Daten und Fakten meines Lebens komme, möchte ich ein Wort von Dietrich Bonhoeffer anführen, das mich seit längerer Zeit begleitet:

„Dankbarkeit macht das Leben reich. Man überschätzt wohl leicht das eigene Wirken und Tun in seiner Wichtigkeit gegenüber dem, was man nur durch andere geworden ist.“

Je älter ich werde, umso mehr denke ich über mein Leben nach. Dankbarkeit erfüllt mich für Menschen und Mitschwestern, die mir viel bedeuten und meinen Lebensweg begleitet haben.

Als fünftes von elf Kindern wurde ich am 19. Oktober 1931 in Bevergern, einem kleinen Ort am Fuße des Teutoburger Waldes geboren. Ich wuchs in einer christlichen Familie auf, die religiöse Erziehung war unseren Eltern sehr wichtig. Meine Volksschuljahre waren geprägt vom zweiten Weltkrieg, von der Zeit des Nationalsozialismus. Nach meiner Schulentlassung folgte ein Jahr Hauswirtschaftsschule und ein hauswirtschaftliches Pflichtjahr in einer Familie in Münster. Hier lernte ich auch die Schwestern im Franziskushospital kennen. Ich spürte eine tiefe Neigung zum Leben dieser Schwestern.

Wieder zurück in meiner Heimat bewegte mich die Entscheidung meiner zwei älteren Schwestern in die Ordensgemeinschaft der „Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel“, Heiligenstadt, einzutreten. Die ganze Familie war davon betroffen. Die folgenden Jahre lebte ich in der Heimat, arbeitete im elterlichen Haus und stundenweise im heimatlichen Krankenhaus, in dem auch Mauritzer Franziskanerinnen stationiert waren und nahm aktiv am kirchlichen Leben in der Gemeinde und am Jugendleben teil. Die Kontakte zu den Ordensschwestern und die Neigung zu deren Lebensweise weckten immer mehr in mir den Gedanken Franziskanerin zu werden. Meine Entscheidung in die Gemeinschaft der Mauritzer Franziskanerinnen einzutreten war mit viel Unsicherheit und Angst verbunden. Gemeinsam mit einem Bekannten in der Ge­meinde beteten wir eine neuntägige Andacht zur Muttergottes. Ich spürte, das Gebet gab mir Kraft.

So nahte mein Eintrittstag am 31. Januar 1953, das sind in diesem Jahr genau 60 Jahre.
Nach der Einführung ins Ordensleben durfte ich am 28.Oktober 1955 die Zeitliche Profess und am 02. Juli 1961 die Ewige Profess ablegen. 14 Schwestern gehörten zu unserer Abteilung. Das Jahr meiner ersten Profess war überschattet vom plötzlichen Tod meines Vaters, der in seinem Steinbruch tödlich verunglückte.

Einsatz und Tätigkeit:

Nach der Krankenpflegeausbildung wurde ich gebeten, die dreijährige Ausbildung als Erzieherin zu absolvieren. Mit noch zwei Mitschwestern besuchte ich in Münster die Hildegardisschule /Referat Erzieherinnenausbildung. 1959 war es dann endlich soweit, und ich konnte mit der Arbeit im Kindergarten in Horstmar, Kreis Steinfurt, beginnen. Diese Arbeit machte mir sehr viel Freude. Hier bewahrheitet sich auch für mich die Aussage von Friedrich Fröbel, dem Gründer des ersten Deutschen Kindergartens: „Das beste Spielzeug eines Kindes ist ein anderes Kind. Und vieles was ich weiß, weiß ich von den Kindern und ich lerne noch täglich von ihnen.“

Nach 14-jähriger Tätigkeit im Horstmarer Kindergarten kam die Versetzung nach Brake/Unterweser. Brake ist Diaspora und eine kleine Hafenstadt an der Wesermündung. Hier erlebte ich Menschen mit einer ganz anderen Mentalität, geprägt vom rauhen Nordwind und von Seefahrerluft.

1974 folgten sechs weitere Jahre Kindergartenarbeit in Lindern, Südoldenburg. Zu meiner Freude wurde ich auch mehr eingebunden in die Gestaltung des Kirchlichen Lebens in der Gemeinde.

Zurück zum Mutterhaus.

Nach einer Auszeit in München -Institut für Ordensspiritualität- wurde mir von der Ordensleitung die Aufgabe als Noviziatsleiterin übertragen. Ein vielfältiger Aufgabenbereich, der von seiner Wichtigkeit nicht zu unterschätzen ist. Bereichernde und schöne Erfahrungen machte ich in den sechs Jahren dieses Aufgabenfeldes. Jede Situation war eine eigene. Freud und Leid, Wohlwollen und Enttäuschung erlebte ich oft nebeneinander.

Im Provinzkapitel 1986 fiel die Wahl zur Provinzvikarin auf mich. Ich zog um nach Telgte, damals Sitz der Provinz „Maria Königin“. Hier arbeitete ich mit Schwester M. Veronika, Provinzoberin, für und mit den Schwestern der Provinz. Hierbei hat mich immer das Leitwort aus unseren damaligen Provinzstatuten begleitet:

„Lebenssinn und Ziel unserer vom Evangelium geprägten Gemeinschaft ist es, Christus zu bezeugen, der jede von uns in seine Nachfolge gerufen hat“(Art.58).

Viel Schönes war mit der Arbeit in der Provinz verbunden, vor allem das Mittun der Schwestern bei religiösen Angeboten. Den Schwestern lag viel daran, ihr religiöses Leben zu vertiefen. Wir suchten nach Wegen, den Bedürfnissen der Schwestern entgegenzukommen. Es wurden Regionaltreffen eingerichtet, bei denen religiöse und ordensinterne Themen besprochen und diskutiert wurden.

Aber bedrückend wurde es, wenn Konvente aufgehoben werden mussten. Dies waren immer schmerzhafte Situationen, sowohl für die Schwestern als auch für die betreffende Gemeinde.

1998 Tätigkeit in Halberstadt.

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands errichteten die Franziskaner in Halberstadt eine Suppenküche. Zwei Schwestern unserer Gemeinschaft waren hier eingesetzt. Nach Beendigung meiner Arbeit in der Provinz war es mein Wunsch, auch in dieser Einrichtung zu arbeiten, was mir auch gewährt wurde. Hier lernte ich Menschen kennen, die trotz Armut und 40-jähriger DDR-Zeit von einer tiefen Hoffnung und Sehnsucht erfüllt waren.

Gründung der Weggemeinschaft, wir schreiben das Jahr 2000.

Im Provinzkapitel 1997 wurde der Beschluss gefasst, erste Schritte für das engere Zusammenleben von Nichtordenschristen mit unserer Gemeinschaft zu unternehmen. Nach intensiver Vorbereitungszeit einer Schwesterngruppe konnte im Jahr 2000 das erste Treffen der Weggemeinschaft  stattfinden. Von der Provinzleitung wurde ich beauftragt, hauptamtlich mit einer Schwesterngruppe die Leitung der Weggemeinschaft zu übernehmen. Viel Freude hat mir diese Arbeit gemacht, besonders auch mit interessierten Menschen die franziskanische Spiritualität zu teilen, an deren Glaubensleben teilzuhaben und auch deren Sehnsucht und Hoffnung zu spüren.

Acht Jahre habe ich diese Arbeit wahrgenommen. Seit 2008 lebe ich mit noch zwei Schwestern in Mettingen im Elisabeth-Hospital, einer Fachklinik für Geriatrische Rehabilitation. Hier übernehmen wir Ordensschwestern seelsorgliche Dienste. Meine Aufgabe ist die Betreuung der Kapelle, in der täglich Gottesdienst gefeiert wird.

Nun bin ich 81 Jahre alt. Wenn ich zurückschaue auf mein Leben, dann erfüllt mich Dankbarkeit gegenüber Gott und der Ordensgemeinschaft und gegenüber den vielen Menschen die mein Leben geprägt haben, die mit mir gegangen sind und immer zu mir gestanden haben.

Es ist schön in einer Gemeinschaft von Menschen zu leben, die von einem gemeinsamen Glauben geprägt, von einer Hoffnung getragen und sich zur Liebe zu Gott und den Mitmenschen aufgerufen wissen. Der Gott unseres Glaubens ist der Grund unserer Hoffnung. Im 1. Petr. 3,15 heißt es: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt.“ Ich fühle mich von diesem Aufruf angesprochen und möchte ihn in meinem Alltag lebendig erhalten.